Kriegstüchtigkeit und kritische Rohstoffe - zwei Seiten einer Medaille

Kriegstüchtigkeit und kritische Rohstoffe - zwei Seiten einer Medaille

Im gleichnamigen Panel des vom BDI veranstalteten 8. Rohstoffkongress 2024 am 11. November diskutierten hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik über die Wechselwirkung dieser Güter für die geopolitische Rolle Deutschlands im Zeichen der 'Zeitenwende' sowie den Erwartungen an Politik und Industrie.

Unter der Moderation von Matthias Wachter, Abteilungsleiter Int. Kooperation, Sicherheit, Rohstoffe und Raumfahrt kamen

  • Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V.,
  • Marcus Faber MdB, Vorsitzender des Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages,
  • Manfred Hader, Senior Partner Roland Berger und
  • Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie

zu Wort.

Die Tonlage setzte Hader mit der Feststellung, dass die Abschreckungsstärke Deutschlands und die gesellschaftliche Resilienz im Zuge des Angriffs Russlands auf die Ukraine durch das Dilemma bei der Versorgung mit fossilen und nicht-fossilen Rohstoffen aus Russland infrage gestellt sei, weshalb eine gesamtgesellschaftliche Lösung nötig sei. Atzpodien ergänzte, dass für eine glaubhafte Abschreckung und Verteidigung die Verfügbarkeit von Rüstungsgütern hoher Qualität unabdingbar sei, wobei die deutsche Verteidigungsindustrie in einer politischen Abhängigkeit stehe und bei Krisen z.B. von Rohstoffen aus China oder Russland abgeschnitten werde könne. Hinzu komme die Lieferkettenregulierung auf nationaler wie europäischer Ebene, während die US-Industrie hier im Vorteil sei. Dies alles stelle ein 'toxisches Gemisch' für die Geschäfte der BDSV-Mitglieder dar. In Zeiten von Krisen, so von Hahn, erfordere die notwendige Priorisierung von gesellschaftlichen Zielen Einschränkungen oder Verzicht in anderen Bereichen. Hier sei die Politik gefordert, das Verständnis bzw. gar Begeisterungsfähigkeit für derart kritische Prozesse zu fördern. Faber warf die Frage auf, wie in Anbetracht des massiven Verbrauchs an Munition und Material seitens der Ukraine die deutsche Industrie den Nachschub sicherstellen könne. Zwar gebe es Zusagen bzgl. höherer Fertigungskapazitäten ab 2027, doch stünden dann auch die erforderlichen Rohstoffmengen zur Verfügung?  Auf EU-Ebene treffe man deshalb bereits Vorsorge mit der Installierung eines Verteidigungskommissars, der sich v. a. mit Rüstungsfragen befassen solle.

Auf die Frage, ob die Bundeswehr bei Anfragen an die Industrie Wert auf Nachhaltigkeit, ggfls. unter Inkaufnahme von Preisaufschlägen lege, führte Atzpodien aus, dass durchaus hierauf geachtet werde, wie z. B. bei Helmen aus dem NATO-Land Türkei, doch die Rohstoff-Kette davor sei weniger klar. Letztlich müssten die Lieferketten bei öffentlichen Gütern trotz damit verbundener, höherer Preise transparenter gestaltet werden. Hader ergänzte, dass es sich um ein Erkenntnisproblem handele, deshalb sei ein Masterplan für öffentliche Güter nötig. In der EU ist der 'Critical Raw Materials Act' ein guter Ansatz, jedoch wie wirkungsvoll ist er?

Einen Masterplan für die Priorisierung der gesellschaftlichen Ziele befürwortete auch von Hahn, wie dies in den USA durch den Inflation Reduction Act IRA geschieht. Ziel müsse zunächst sein, einen arbeitsfähigen Verteidigungssektor und danach eine ebensolche Gesamtindustrie zu erreichen, um letztlich alle gesellschaftlichen und sozialen Güter - wie Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz, etc. - zur Verfügung stellen zu können. Zur Frage, wie man zusammen mit der US-Administration damit zukünftig umgehe werde, erwähnte Faber ein kürzliches Gespräch mit dem neuen NATO-Generalsekretär Rutte. Demnach habe Deutschland die NATO-Linie optimiert, wobei die EU-Souveränität auch für Rohstoffe gelte. Deshalb sei er optimistisch, dass die neue Bundesregierung diese Haltung ebenfalls unterstütze. Hier setzte von Hahn ihr Vertrauen auch in die Initiative der Industrie. In Verstärkung seines Eingangsstatements äußerte Hader abschließend die Besorgnis, dass die gesamtgesellschaftliche Resilienz nicht genügend gefördert werde.
   
 

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